Artikel

Kein Anspruch auf Löschung der Polizeidaten trotz Einstellung des Verfahrens

Kein Anspruch auf Löschung der Polizeidaten trotz Einstellung des Verfahrens

Abstract

Autorin: Evelyne Sturm

Publiziert am 31.10.2012

Bedeutung für die Praxis:

  • Die Einstellung eines Strafverfahrens führt nicht zu einem unbedingten Anspruch auf Löschung von gespeicherten Polizeidaten.
  • Daten dürfen weiterhin gespeichert werden, wenn sie für weitere Untersuchungen einer nicht aufgeklärten schweren Straftat relevant sind und im Eintrag klar auf die Verfahrenseinstellung hingewiesen wird.

Speicherung von Personendaten als Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung

Darf die Polizei trotz einer ergebnislos verlaufenen und in der Folge eingestellten Strafuntersuchung weiterhin die Daten der betroffenen Person aufbewahren? Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung (Art. 8 Abs. 1 EMRK, Art. 13 Abs. 2 BV) räumt zwar die Möglichkeit ein, sich gegen die Speicherung von Personendaten zur Wehr zu setzen. In einem neuen Urteil (1C_439/2011) gewichtete das Bundesgericht jedoch das öffentliche Interesse, dass sich aus solchen Polizeidaten sachdienliche Angaben für weitere Ermittlungsarbeiten ergeben könnten, höher als das Interesse des Betroffenen an der Löschung der Daten.

Ungeklärte Straftat als überwiegendes öffentliches Interesse

Hintergrund der Beschwerde war das Ersuchen eines Mannes, der die Löschung sämtlicher Daten in dem von der Züricher Polizei verwendeten Informationssystem POLIS beantragte, nachdem das Strafverfahren gegen ihn wegen eines Überfalls auf ein Restaurant eingestellt worden war. Das Bundesgericht anerkannte zwar das Interesse des Betroffenen, acht Jahre nach der Verfahrenseinstellung bzw. zwölf Jahre nach der Tat nicht mehr mit dem Überfall in Verbindung gebracht zu werden. Weil die Straftat jedoch bis heute nicht aufgeklärt werden konnte, erachtete es das Gericht als bedeutsam, gespeicherte Informationen aus dem Umfeld des Vorfalls zu erhalten. Für den Erhalt der Daten sprach zudem, dass der Beschwerdeführer nicht zufällig oder wegen einer Verwechslung in die Untersuchung einbezogen worden sei. Aus diesen Gründen und insbesondere weil der Eintrag mit einem klaren Vermerk auf die Einstellung versehen war, erachtete das Gericht die andauernde Speicherung der fraglichen Daten als einen verhältnismässigen Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Dabei wurde auch berücksichtigt, dass die Daten in vier Jahren ohnehin automatisch gelöscht würden.

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