Studien & Gutachten

Ausländerrechtliche Administrativhaft

Menschenrechtliche Standards und ihre Umsetzung in der Schweiz

Abstract

Die ausländerrechtliche Administrativhaft hat keinerlei strafenden Charakter. Die Haftbedingungen müssen dem Rechnung tragen. So muss die Administrativhaft in spezialisierten Einrichtungen vollzogen werden, und der Haftalltag muss offener gestaltet sein als im Strafvollzug. Das SKMR analysiert die menschenrechtlichen Vorgaben und deren Umsetzung in der Schweiz.

Publiziert am 02.09.2020

Administrativhaft ist zulässig, muss aber verhältnismässig sein

Als Administrativhaft wird eine Haft bezeichnet, die keinen strafenden Charakter hat. Mit der ausländerrechtlichen Administrativhaft soll primär die Ausreise von Personen ohne Aufenthaltsrecht sichergestellt werden. Weil diese Personen kein Verbrechen begangen haben und zudem grundsätzlich nicht gefährlich sind, müssen die Lebensbedinungen in der Administrativhaft grosszügiger und die Sicherheitsmassnahmen weniger einschneidend gestaltet werden. Die Studie "Ausländerrechtliche Administrativhaft in der Schweiz" überprüft, welche menschen- und grundrechtlichen Standards für die Administrativhaft gelten, und evaluiert deren Umsetzung in der Schweiz.

Völkerrechtliche Standards

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR), verschiedene Ausschüsse der UNO wie auch das europäische Komitee zur Verhütung der Folter haben sich in jüngster Zeit vermehrt mit der Administrativhaft befasst. Dadurch wurden die menschenrechtlichen Vorgaben im Bereich der Administrativhaft konkretisiert, und es haben sich differenzierte Standards herauskristallisiert.

Offener Haftalltag in spezialisierten Einrichtungen

Die Administrativhaft muss in spezialisierten Einrichtungen möglichst ohne Gefängnischarakter vollzogen werden; die Unterbringung von Administrativhäftlingen in einem Untersuchungsgefängnis oder einer Strafvollzugsanstalt ist nur ausnahmesweise in begründeten Fällen und für kurze Zeit erlaubt. Die Unterbringung in spezialisierten Einrichtungen ist derzeit in der Schweiz mangels Kapazität noch kaum der Fall.

Der Haftalltag in der Administrativhaft muss offener gestaltet sein als im Strafvollzug. Dies betrifft insbesondere die Platzverhältnisse, Privatsphäre sowie Möglichkeiten zur Beschäftigung und Bewegung. Auch die Kontakte zur Aussenwelt müssen möglichst liberal gehandhabt werden, z.B. durch Zugang zu internetbasierten Kommunikationsmitteln. Die medizinische Versorgung muss den gleichen Qualitätsstandards genügen wie die der allgemeinen Bevölkerung, auch im psychologischen Bereich.

Handlungsbedarf auf baulicher, praktischer und normativer Ebene

Verschiedene Vorgaben für die Administrativhaft sind derzeit in der Schweiz nicht erfüllt. Damit der separate Vollzug mit offenerem Haftregime möglich wird, müssen spezialisierte Einrichtungen für die Administrativhaft errichtet und entsprechende Hausordnungen entwickelt werden. Weiter fehlt es heute noch oft an den notwenigen normativen Grundlagen, die den fundamentalen Unterschied zwischen Administrativhaft und anderen Formen des Freiheitsentzugs reflektieren und ein separates Haftregime für Inhaftierte in Administrativhaft ermöglichen.

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