Artikel

Einkommensunterschiede zwischen Frauen und Männern verringern

Bundesrat akzeptiert fünf Empfehlungen zur Geschlechtergleichstellung auf dem Arbeitsmarkt

Abstract

Autorin: Christina Hausammann

Publiziert am 14.03.2013

Zusammenfassung:

  • Der Bundesrat hat fünf UPR-Empfehlungen (122.21 bis 122.25) anerkannt, welche wirksame Massnahmen und Strategien zur Beseitigung der Ungleichbehandlung der Geschlechter auf dem Arbeitsmarkt, insbesondere zur Bekämpfung der Lohnungleichheit fordern.
  • Die akzeptierten Empfehlungen entsprechen den vom eidgenössischen Parlament verabschiedeten Massnahmen zur Gleichstellung von Frau und Mann in den Legislaturzielen 2011-2015.
  • Angesichts der sich nur langsam schliessenden Lohnschere sind Massnahmen gefordert, welche insbesondere auch die Privatwirtschaft auf die Einhaltung des Gleichbehandlungs- und Lohngleichheitsanspruchs der Bundesverfassung verpflichten.

Die Empfehlungen

Im zweiten «Universal Periodic Review»-Verfahren des Menschenrechtsrates von 2012 haben sechs Staaten Empfehlungen zur Behebung der Ungleichheiten auf dem Arbeitsmarkt formuliert, wovon die Schweiz fünf bereits im Oktober 2012 akzeptiert hat (Empfehlung 122.21 - 122.25).

Die Empfehlungen sind allgemein formuliert. Sie fordern die Schweiz auf, eine wirksame Strategie zur Reduktion der Ungleichheiten auf dem Arbeitsmarkt einzuführen und umzusetzen bzw. Massnahmen gegen Einkommensunterschiede zu ergreifen oder die Umsetzung von Programmen gegen Lohnungleichheit weiterzuführen. Konkreter liest sich einzig die Empfehlung 123.75. Diese fordert Massnahmen zum Abbau der Ungleichbehandlung der Geschlechter auf dem Arbeitsmarkt durch Massnahmen zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf, insbesondere durch ein ausreichendes Angebot an Bildungseinrichtungen für Vorschulkinder und Betreuungsplätzen (vgl. hierzu auch den Artikel Massnahmen zur Reduktion von Geschlechterungleichheit auf dem Arbeitsmarkt vom Themenbereich Wirtschaft im SKMR-Newsletter Nr. 8 vom 14. März 2013). Der Bundesrat hatte die Annahme vom Ausgang der Abstimmung am 3. März 2013 über den Bundesbeschluss über die Familienpolitik vom 15. Juni 2012 abhängig gemacht. Aufgrund des negativen Abstimmungsergebnisses - die Vorlage scheiterte am Ständemehr - hat er die Empfehlung nun abgelehnt, allerdings mit dem Hinweis, dass die Schweiz trotzdem gedenke ihre Massnahmen zur Verringerung der Geschlechterunterschiede auf dem Arbeitsmarkt weiterzuführen.

Die Bundesverfassung verpflichtet die Behörden, für die rechtliche und tatsächliche Gleichstellung der Frau namentlich in den Bereichen Familie, Ausbildung und Beruf zu sorgen. Sodann wird der Anspruch von Frau und Mann auf gleichen Lohn für gleichwertige Arbeit festgehalten und zwar als ein direkt anwendbarer und einklagbarer Anspruch sowohl gegenüber dem Staat als auch im Verhältnis unter Privaten (Art. 8 Abs. 3 BV). Die entsprechende Formulierung fand 1981 Eingang in die Verfassung. Seit 1996 ist das Bundesgesetz über die Gleichstellung von Frau und Mann in Kraft, welches es Frauen und Männern erleichtert, sich gegen Diskriminierung im Erwerbsleben zur Wehr zu setzen und das verfassungsrechtlich verankerte Lohndiskriminierungsverbot geltend machen zu können.

Frauen werden auf dem Arbeitsmarkt jedoch noch immer ungleich behandelt, was sich am deutlichsten anhand der Lohnstatistik zeigen lässt. Noch immer verdienen Frauen in der Privatwirtschaft 18, 4 % weniger als Männer und die Lohndifferenz verringert sich nur langsam (2008; 19,4 %; 2006: 19,1 %; 2002: 20.9 %; 1994: 23,8%). Am grössten ist sie bei Frauen in höheren Positionen. Hier verdienen Frauen massiv weniger als ihre männlichen Kollegen (31 %).

Ein grösserer Teil der Lohnunterschiede beruht auf Kriterien wie unterschiedliche Qualifikation, unterschiedliche berufliche Stellung, Tätigkeitsbereiche etc. Die diesbezüglichen geschlechterbezogenen Ungleichheiten sind offensichtlich strukturell bedingt. Die Mehrheit der Frauen (57.8 % im Vergleich mit 13,6 % der Männer) arbeitet denn auch in einer Teilzeitstelle, häufig im Niedriglohnsektor und in prekären Arbeitsverhältnissen mit schlechteren sozialen Absicherungen sowie mit geringeren Weiterbildungsmöglichkeiten und Karrierechancen. In Führungs- und Entscheidpositionen sind Frauen wenig vertreten. 37,6 % der Lohndifferenz können sodann nicht mit objektiven Kriterien begründet werden, wie eine Studie von 2010 aufzeigte. In gewissen Branchen der Industrie steigt dieser diskriminierende Anteil bis auf 87 %.

Engagement des Bundes in der Privatwirtschaft

Der Bund hat in den letzten Jahren verschiedene Massnahmen initiiert, um insbesondere auch die Privatwirtschaft auf die Beachtung des Gleichbehandlungs- bzw. Lohngleichheitsanspruches einzuschwören. So unterstützt das Eidg. Büro für die Gleichstellung von Frau und Mann zahlreiche Gleichstellungsprojekte auch in der Privatwirtschaft mit Finanzhilfen, stellt Unternehmen Instrumente zur Überprüfung der Lohngleichheit bzw. zum Aufspüren von Lohndiskriminierung zur Verfügung („Logib“) und hat in Zusammenarbeit mit weiteren Bundesstellen sowie den Dachverbänden der Arbeitgebenden und Arbeitnehmenden 2009 den sogenannten „Lohngleichheitsdialog“ ins Leben gerufen. Die daran beteiligten Verbände verpflichten sich, aktiv Einfluss zu nehmen, um die diskriminierenden Lohnungleichheiten zwischen Frauen und Männern möglichst rasch zu beseitigen, indem die Unternehmen motiviert werden, ihre Löhne freiwillig zu überprüfen und Massnahmen gegen allfällige Diskriminierungen zu treffen.

Griffigere Instrumente sind nötig

Das eidgenössische Parlament wie auch der Bundesrat setzen bis heute auf freiwillige Massnahmen, auch wenn, wie die Erfahrungen mit dem Lohngleichheitsdialog zeigen, deren Umsetzung durch die Unternehmen der Privatwirtschaft unter der Erwartung bleibt.

Im Jahre 2012 hat das Parlament spezielle Legislaturziele zur Gleichstellung von Frau und Mann verabschiedet, welche den Bundesrat im Sinne der UPR-Empfehlungen verpflichten, die Massnahmen zur Bekämpfung der Lohndiskriminierung zu verstärken und zusätzliche staatliche Instrumente zu prüfen. Er soll im Weiteren die Entwicklung des Frauenanteils in den Schweizer Unternehmen beobachten sowie Massnahmen ergreifen, um die Geschlechtersegregation auf dem Arbeitsmarkt im Bereich der Informatik, Naturwissenschaft und Technik zu durchbrechen (siehe dazu Artikel Neues Legislaturziel zur Gleichstellung von Mann und Frau, SKMR-Newsletter Nr. 6 vom 27. Juni 2012). Der Bundesrat steht damit auch innerstaatlich in der Pflicht, Strategien und weitere griffigere Massnahmen zu entwickeln und umzusetzen.

Als Direktmassnahmen zur Herstellung der Lohngleichheit wurden in der Verwaltung bereits Ideen zum Beispiel zur Verstärkung der Umsetzung des Gleichstellungsgesetzes andiskutiert, wie etwa neue behördliche Untersuchungs- und Durchsetzungskompetenzen, die eine systematischere Kontrolle der Gleichstellung von Frau und Mann in den Unternehmen erlauben würden. Weitere Ideen sind nun auch von Seiten der verschiedenen Wirtschaftsverbände gefragt.

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