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CEDAW-Ausschuss zeigt sich besorgt über Stellenwert der UNO-Frauenrechtskonvention in der Schweiz

Publiziert am 21.02.2017

Liste von Empfehlungen wächst

Die UNO-Frauenrechtskonvention CEDAW (Convention on the Elimination of All Forms of Discrimination Against Women) ist zentral für die Gleichstellung der Geschlechter und somit ein wichtiges Mittel zur Durchsetzung der Menschenrechte. Im November 2016 hat das dritte Berichtsverfahren der Schweiz zum Stand der Umsetzung dieser Konvention in Genf stattgefunden. Der CEDAW-Ausschuss weist in seinem Bericht auf Handlungsbedarf in verschiedenen Bereichen hin und richtet insgesamt 77 Empfehlungen an die Schweiz.

Die Empfehlungen stützen sich auf Informationen des Bundes und der Kantone sowie zahlreicher nichtstaatlicher Organisationen und sind zum Teil sehr detailliert. Vergleicht man die Liste der Empfehlungen mit derjenigen vom letzten Berichtsverfahren 2009, zeigt sich, dass die aktuelle um einiges länger geworden ist. Dies ist einerseits darauf zurückzuführen, dass der Ausschuss viele bereits geäusserte Empfehlungen und Bemerkungen erneut aufgenommen, weiter präzisiert und aktualisiert hat. Andererseits wurde die Liste um neue Themen ergänzt, auf welche insbesondere auch die NGOs hingewiesen hatten. Dazu gehört etwa der Einfluss des aussenpolitischen Handelns der Schweiz auf die Menschenrechte der Frauen in den betroffenen Ländern wie beispielsweise durch Investitionsabkommen, die Unternehmenssteuerpolitik, das Bankgeheimnis oder den Waffenhandel. Sodann formulierte der Ausschuss etwa Empfehlungen zum Schutz vor unnötigen medizinischen und chirurgischen Eingriffen bei Erwachsenen und Kindern mit zweideutigen Geschlechtsmerkmalen (Intersex-Personen).

Empfehlungen zur Erhöhung des Stellenwerts des CEDAW-Abkommens in der Schweiz

Aus den Empfehlungen geht hervor, dass sich der Ausschuss grundsätzlich Sorgen macht über den Umgang der Schweiz mit der UNO-Frauenrechtskonvention sowie über deren Umsetzung. Er fordert die eidgenössischen Räte sowie die Legislativen der Kantone und Gemeinden dringend auf, ihre Verantwortung wahrzunehmen und seine Vorschläge umzusetzen. Der Ausschuss stellt weiter fest, dass die UNO-Frauenrechtskonvention bei den zuständigen Behörden sowie bei der Bevölkerung in der Schweiz zu wenig bekannt sei. Auch die Gerichte sowie die Anwältinnen und Anwälte würden das Abkommen kaum je direkt zur Anwendung bringen. Hier müssten Information sowie Aus- und Weiterbildung verstärkt werden.

Weiter besteht der Ausschuss auf seiner Auslegung des Geschlechterdiskriminierungsverbots gemäss UNO-Frauenrechtskonvention (Art. 1 CEDAW). Dieses sieht ein faktisches Gleichstellungsgebot vor; das Bundesgericht gehe hingegen in der Regel von einem formalen Diskriminierungsverbot aus, weshalb es im Einzelfall die strukturellen Benachteiligungen von Frauen zu wenig berücksichtige. Sodann kritisiert der Ausschuss, dass die in der Konvention (Art. 4 CEDAW) vorgesehenen Massnahmen zur gezielten Förderung von Frauen zu wenig genutzt würden. Schliesslich fordert er die Schweiz erneut auf, stereotype Rollenbilder verstärkt zu bekämpfen.

Schweiz muss im November 2018 Zwischenbericht ablegen

Angesichts der grundsätzlichen Bedenken gegenüber einer effizienten Umsetzung des Abkommens formulierte der Ausschuss verschiedene Empfehlungen, welche eine systematischere Herangehensweise erlauben sollen. Wie bereits in seinen Bemerkungen von 2009 legt er der Schweiz nahe, die nationalen und kantonalen Gleichstellungsinstitutionen zu stärken und mit den notwendigen Kompetenzen und Ressourcen auszustatten. Schliesslich wiederholt er seine Empfehlung, Gender Mainstreaming sowie Gender Budgeting in allen Bereichen der Regierungstätigkeit zu verankern. Diese beiden Instrumente zur Förderung der Gleichstellung der Geschlechter gewährleisten, dass sämtliche vom Parlament oder der Regierung ergriffenen Massnahmen sowie die Staatsausgaben auf ihre Gendertauglichkeit hin überprüft werden. Dies würde ein effektives Monitoring der Gleichstellungsbemühungen ermöglichen. Darüber hinaus empfiehlt er der Schweiz, die bestehenden Ungleichheiten zwischen Frau und Mann sowie deren tieferliegende strukturelle Gründe, aber auch die Bekämpfung der Gewalt gegen Frauen mit der Schaffung von nationalen Aktionsplänen anzugehen. Und nicht zuletzt soll die Schweiz das Mandat des SKMR mit Blick auf die Gleichstellungsproblematik stärken und das Zentrum als unabhängige nationale Menschenrechtsinstitution im Sinne der entsprechenden UNO-Prinzipien konzipieren.

Auf diese Empfehlungen muss auch der vom Ausschuss geforderte Follow-up-Bericht fokussieren. Die Schweiz muss diesen Zwischenbericht über die von ihr getroffenen Massnahmen zur Stärkung der Gleichstellungsinstitutionen und zum Stand der Arbeiten an den geforderten Aktionsplänen in zwei Jahren vorlegen.

Bund und Kantone am Ball

Die Bemerkungen und Empfehlungen des Ausschusses sollen den Staaten helfen, die Umsetzung der Bestimmungen des CEDAW-Abkommens zu beschleunigen. Sie geben einen Überblick, in welchen Bereichen die Schweiz zurzeit noch Umsetzungsbedarf hat und bieten eine Richtschnur für die Planung und Entwicklung notwendiger politischer Schritte.

Der Bund wie auch die Kantone und Gemeinden sind nun einmal mehr aufgefordert, die aktuellen Empfehlungen zu prüfen und entsprechende Massnahmen in die Wege zu leiten. Zumindest bei den Bundesbehörden besteht der Wille, die Bemerkungen des Ausschusses ernst zu nehmen. Bereits nach dem Berichtsverfahren 2009 wurde unter der Federführung des Eidgenössischen Büros für die Gleichstellung von Frau und Mann eine interdepartementale Arbeitsgruppe «Follow-up CEDAW-Empfehlungen» ins Leben gerufen. Eine Arbeitsgruppe wird nun auch die vorliegenden neuen Empfehlungen ins Visier nehmen. Eine andere Frage ist, ob sich auch die eidgenössischen Räte und die Kantone auf die eingegangenen Verpflichtungen aus dem CEDAW-Abkommen besinnen und diese bei ihrer Politik berücksichtigen werden.

Bereits in zwei Jahren, wenn die Schweiz ihren «Follow up-Bericht» dem Ausschuss vorzulegen hat, wird sich zeigen, ob die Schweiz erste Resultate in Richtung einer systematischeren Herangehensweise dem CEDAW-Ausschuss präsentieren kann.

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