Artikel

Rückschaffungen nach Afghanistan nur unter bestimmten Voraussetzungen möglich

Standortbestimmung Afghanistan, Bundesverwaltungsgericht, Urteil E-7625/2008 vom 16. Juni 2011

Abstract

Autorin: Stefanie Tamara Kurt

Publiziert am 26.10.2011

Bedeutung für die Praxis

  • Neue Standortbestimmung der Situation in Afghanistan.
  • Kabul kann unter bestimmen Voraussetzungen Wegweisungsort sein.

Im vorliegenden Fall nahm das Bundesverwaltungsgericht eine neue Standortbestimmung bezüglich der Situation in Afghanistan vor, da sich die Sicherheitslage in den letzten Jahren stetig verschlechtert hat. Die letzte massgebliche Einschätzung der Lage in Afghanistan stammt aus dem Jahr 2006 (Leitentscheid EMARK 2006 Nr. 9; → 2006 → 2006/9 ). Sie wurde von der damaligen Asylrekurskommission, welche unterdessen im Bundesverwaltungsgericht aufgegangen ist, verfasst.

Im vorliegenden Fall ersuchte ein Angehöriger der Ethnie Hazara aus der südwestlich gelegenen Provinz Daikundi (Afghanistan) die Schweiz um Asyl. Das Bundesverwaltungsgericht nahm im vorliegenden Urteil die Gelegenheit wahr, eine Gesamtbeurteilung der derzeitigen Situation in Afghanistan abzugeben. Es bemerkte, dass sich die Sicherheitslage in beinahe allen Regionen Afghanistans düster präsentiere. In weiten Teilen Afghanistans herrsche Krieg und daher sei ein Wegweisungsvollzug als unzumutbar im Sinne von Art. 83 Abs. 4 AuG zu qualifizieren.

Das Bundesverwaltungsgericht verzichtete zudem auf die Prüfung eines alternativen Aufenthaltsortes im vorliegenden Fall Mazar-i-Sharif, da ein sozialer Anknüpfungspunkt, etwa enge Familienangehörige, fehle. Bezüglich der Situation in Kabul gelangte das Gericht jedoch zu einem anderen Ergebnis. So äusserte es die Ansicht, dass sich die humanitäre Situation in Kabul weniger dramatisch präsentiere und unter bestimmten Umständen ein Wegweisungsvollzug als zumutbar zu qualifizieren sei. Zumutbar sei die Rückkehr, wenn die betroffene Person bei guter Gesundheit sei und auf ein soziales Netzwerk zurückgreifen könne. Das Gericht schloss im vorliegenden Fall die Aufenthaltsalternative Kabul aus, da der Beschwerdeführer die aufgestellten restriktiven Bestimmungen nicht erfüllte.

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