Studien & Gutachten

Das Recht auf Hilfe in Notlagen

Beurteilung der Umsetzung im Kanton Basel-Stadt

Abstract

Alle Menschen in der Schweiz haben Anspruch auf ein menschenwürdiges Leben. Reichen ihre eigenen Mittel dazu nicht aus, muss der Staat aushelfen. Die Studie des SKMR zeigt, dass der Kanton Basel-Stadt diese Verpflichtung ungenügend umsetzt.

Publiziert am 15.12.2022

Alle Menschen, die sich in der Schweiz aufhalten, haben ein Recht auf die Mittel und Betreuung, die für ein menschenwürdiges Leben unentbehrlich sind. Dieses in Art. 12 der Bundesverfassung verankerte Recht besteht unabhängig von Aufenthaltszweck oder Aufenthaltsstatus und kommt deshalb beispielsweise auch Bettler*innen aus Osteuropa zu. Die von der Reformierten Kirche Basel-Stadt in Auftrag gegebene Studie des SKMR (erstellt im Juni, ergänzt im Dezember 2022) kommt zum Schluss, dass der Kanton Basel-Stadt diese Verpflichtung ungenügend umsetzt.

Art. 12 BV darf nicht eingeschränkt werden

Der Kanton Basel-Stadt hat seine Unterstützungsleistungen für Personen aus dem EU/EFTA-Raum zeitlich eingeschränkt: Die Hilfe wird nur bis zur frühestmöglichen Ausreise gewährt. Dies ist verfassungswidrig: Art. 12 BV ist eine sogenannte Kerngehaltsgarantie und darf weder zeitlich noch inhaltlich eingeschränkt werden. Die Würde des Menschen ist absolut. Deshalb erweist sich auch eine Beschränkung auf Essensgeld und Rückreisekosten, wie sie die Schweizerische Konferenz für Sozialhilfe vorsieht, als mit der Menschenwürde unvereinbar. Aus dem gleichen Grund darf die Nothilfe zwar während einer Pandemie angepasst aber nicht eingeschränkt werden. So kann es verhältnismässig sein, verbilligte Mahlzeiten als Take-Away abzugeben. Notschlafstellen dürfen hingegen nicht geschlossen werden, solange keine Alternativen zur Verfügung stehen.

Sachfremde Verknüpfung mit dem Migrationsrecht

Die zeitlichen und inhaltlichen Einschränkungen der Nothilfe werden migrationsrechtlich begründet. Die Nothilfe wird in Basel zudem nur gewährt, wenn die unterstützten Personen an der Feststellung ihres Aufenthaltsstatus mitwirken. Diese Bedingung ist sachfremd; sie dient einzig der Durchsetzung des Ausländerrechts und ist somit mit Art. 12 BV nicht vereinbar.

Notschlafstellen und Geldleistungen

Zu einem menschenwürdigen Dasein gehört ein ganztägig zugängliches Obdach. Sind Notschlafstellen, wie im Kanton Basel-Stadt, kostenpflichtig, muss gewährleistet werden, dass auch Menschen, welche noch keine Nothilfe beantragen konnten, Zugang erhalten.

Auch reichen die CHF 12.00 pro Tag und Person, welche Notleidende in Basel-Stadt erhalten, nicht aus, um die minimalen Bedürfnisse im Bereich Nahrung, Hygiene, Kleidung etc. auf dem freien Markt zu befriedigen. Es ist deshalb zwingend, dass der Kanton private Angebote mitfinanziert. Bei den verbilligten Angeboten im Kanton Basel-Stadt bestehen aber Lücken; namentlich weisen die öffentlich finanzierten Strukturen Lücken bei Frühstück und Abendessen am Wochenende auf.

^ Zurück zum Seitenanfang