Bilanzbericht

Das SKMR: Eine Struktur mit Folgen

Abstract

Elf Jahre lang hat das SKMR als universitäres Netzwerk gearbeitet. Eine Struktur, die einige Vorteile, aber auch zahlreiche Nachteile hatte. Die Schwächen zeigten sich zunehmend in der Verlängerung ab 2016. Die Chance zur Nachbesserung wurde verpasst.

Publiziert am 22.10.2022

Ein Modell für einen schnellen Start

Das SKMR wurde als Netzwerk konstruiert. Es umfasste Lehrstuhlinhabende aus verschiedenen Universitäten und ihre Mitarbeitenden, eine Geschäftsstelle mit Sitz in Bern sowie bis 2015 auch humanrights.ch für den Bereich Kommunikation. So konnte vorhandene Fachexpertise und bestehendes Personal schnell eingesetzt werden. Langwierige Rekrutierungen waren nicht nötig. Die Möglichkeit, universitäres Personal, das noch andere Aufgaben hatte, punktuell für das SKMR heranzuziehen, erhöhte die Flexibilität. Dies war mit Blick auf die ursprünglich auf fünf Jahre begrenzte Laufdauer essenziell: Das Pilotprojekt sollte rasch operativ werden und Erfahrungen zur Notwendigkeit und zum Nutzen einer künftigen NMRI sammeln.

Netzwerk statt Zentrum: Schwäche des SKMR

Trotz dieses grossen Vorteils offenbarte die Netzwerkstruktur rasch auch ihre Schwächen. Die Aufteilung auf mehrere Standorte, die Anstellung des Personals in kleinen Teilzeitpensen und an der jeweiligen Universität statt zentral beim SKMR verlangten einen hohen Koordinationsaufwand in den gemeinsamen Arbeitsprozessen. Negativ wirkte sich zunehmend aus, dass das SKMR für die meisten Mitarbeitenden und die Mitglieder des Direktoriums nur eine von vielen Verpflichtungen war. Darum kamen auch weniger themen- und standortübergreifende Projekte zustande, als für ein solches Projekt erwartet worden war. Der Output insgesamt war allerdings trotzdem hoch, was der Eigeninitiative der verschiedenen Bereiche zu verdanken war, die viele Einzelprojekte gestartet haben. So realisierte das SKMR weit über 200 Aktivitäten in Form von Studien, Gutachten, Broschüren, Weiterbildungen und Tagungen. In der Kommunikation mit Aussenstehenden blieb die Netzwerkstruktur bis zum Schluss eine Herausforderung, war die Aufteilung der Zuständigkeiten zwischen Geschäftsstelle und Themenbereichen nur schwer verständlich.

Leistungsvertrag schwächte die Eigenständigkeit

Das SKMR war in seinen Aktivitäten und Dienstleistungen an einen jährlichen Leistungsauftrag gebunden. Dies war ein massgeblicher Unterschied zu einer NMRI, die ihre Tätigkeiten und Prioritäten selbst bestimmen kann. Die Bindung des SKMR an einzelne Dienstleistungen liess die Entwicklung eines eigenständigen Profils kaum zu. So konnte sich das SKMR selten in einem Bereich als Menschenrechtsakteur etablieren, weil es sich nur dann an Dialogen und Grundlagenarbeiten beteiligen konnte, wenn auch ein entsprechender Auftrag vorlag.

Die Form des SKMR als durch den Bund finanziertes Dienstleistungszentrum schuf noch ein weiteres Problem: Immer wieder wurde das SKMR als ausgelagerte Verwaltungseinheit missverstanden. Insbesondere bei Bundesstellen bestand die Vorstellung, man könne dem SKMR Verwaltungsaufgaben abtreten oder die Sicht der Verwaltung müsse in Studien aufgenommen werden. In diesem Punkt bestand viel Erklärungsbedarf.

Insbesondere zu Beginn führte das Dienstleistungsmandat zudem zu einer Verzettlung des SKMR in eine Vielzahl unterschiedlichster Dienstleistungen und Themen. Das SKMR war dabei mit vielen Erwartungen der zahlreichen Auftraggebenden konfrontiert. Die Vielzahl der Projekte und Ansprechpartner*innen führten dazu, dass das SKMR Mühe hatte, Ressourcen und Zeitplanung in den Griff zu bekommen. Die Situation besserte sich, als das SKMR in der Verlängerung ab 2016 vom Bund mehr Freiheit in der inhaltlichen Ausgestaltung seines Arbeitsprogramms erhielt. Es konnte so seine Tätigkeiten weitgehend auf vier Schwerpunktthemen fokussieren.

Die Bindung an einzelne, im jährlichen Leistungsauftrag definierte Aufträge blieb aber auch nach 2016 bestehen. Dies, in Kombination mit den knappen Ressourcen und der akademischen Ausrichtung, machte es dem SKMR unmöglich, sich zu aktuellen Fragestellungen zu positionieren. Die fehlende Präsenz des SKMR in aktuellen Debatten war Medien, Interessengruppen wie auch Betroffenen immer wieder nur schwer zu vermitteln.

Akzeptanz dank akademischer Unabhängigkeit

Für die Akzeptanz der Arbeiten des SKMR war die inhaltliche Unabhängigkeit zusammen mit der akademischen Arbeitsweise zentral. In einzelnen Fachkreisen konnte sich das SKMR so als unabhängige Expert*innenstimme etablieren. Die Arbeiten wurden als fundiert, seriös und umfassend geschätzt.

Auch über diese Fachkreise hinaus stiess das Pilotprojekt auf Zustimmung. Allerdings dürfte dies auch darauf zurückzuführen sein, dass das SKMR letztlich harmlos blieb. Mehrheitlich erarbeitete es Auslegeordnungen und Analysen, die von den Adressat*innen berücksichtigt werden konnten oder auch nicht. Nur selten wurden Erkenntnisse mit Forderungen verbunden. Weitgehend unklar blieb schliesslich, welche Verbesserungen die Arbeit des SKMR bewirkte. Weil das SKMR häufig nur zur Erarbeitung der Grundlagen, aber nicht für das Follow-up oder die Evaluation herangezogen wurde, konnte das Pilotprojekt auf diese Frage keine Antwort liefern. Dies wäre aber mit Blick auf die künftige NMRI wichtig gewesen.

Ungenügende Finanzierung durch den Bund

Die Finanzierung durch den Bund im Umfang von 1 Mio. CHF jährlich war gekoppelt an den Einkauf von Dienstleistungen durch den Bund. Zusätzlich erwirtschaftete das SKMR jedes Jahr ungefähr eine halbe Million CHF aus weiteren Aufträgen. Ein grosser Teil der Einkünfte war durch den Unterhalt der Geschäftsstelle gebunden. Diese musste für die Bewältigung des Koordinationsaufwandes und die Kommunikation eine gewisse Grösse haben. Zudem mussten fast alle Sachkosten der Geschäftsstelle, wie z. B. Veranstaltungen oder Publikationen, aus der Bundesfinanzierung bestritten werden. Nur die Räumlichkeiten und die Informatik wurden von den Universitäten zur Verfügung gestellt. Für die Finanzierung der eigentlichen Aktivitäten wie z. B. die Erstellung von Studien reichten die Mittel des Bundes nicht aus. Dafür waren die Anzahl und der Umfang der Aufträge zu gross.

Auf lange Sicht eine erhebliche Subventionierung

Dieses Modell der Kostenaufteilung war für eine fünfjährige Dauer geplant. Mit fortschreitender Laufdauer wurde es jedoch zur Belastung für das SKMR: Weil die Finanzierung durch den Bund ungenügend war, haben de facto die Universitäten den Betrieb des SKMR in Form von Arbeitsleistungen der Professor*innen und der Mitarbeiter*innen in einem erheblichen Masse quersubventioniert. Der Einsatz der Leitung ging dabei deutlich über das ursprünglich vorgesehene Mass hinaus. Das lag nicht zuletzt an den universitären Arbeitsverträgen des Personals: Befristete Anstellungen bedingten kurze Planungshorizonte und verhinderten den Aufbau von Fachkompetenzen.

Verpasste Chance: Keine Anpassung der Rahmenbedingen ab 2016

Der Rückblick zeigt: Die Tätigkeit des SKMR wurde massgebend von seiner Struktur bestimmt. Die für ein kurzes Pilotprojekt sinnvolle Konstruktion offenbarte mit längerer Dauer zunehmend grosse Defizite. Diese wurden zwar rasch erkannt; schon 2015 hielten der Erfahrungsbericht des Direktoriums und die Evaluation die wesentlichen Probleme fest. 2016 hätte die Verlängerung der Laufzeit die Gelegenheit geboten, einige Schwächen zu beheben. Diese Chance wurde jedoch verpasst. Zu gross war die Sorge, eine Änderung der vertraglichen Grundlagen und der Rahmenbedingen könnte die Zustimmung zum Pilotprojekt grundsätzlich infrage stellen. Dass es dennoch gelang, das SKMR sieben weitere Jahre erfolgreich weiterzuführen, ist dem ausserordentlichen Engagement aller Beteiligten zu verdanken.

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